Diagnostik

Die Begriffe Dyskalkulie, Rechenstörung und Rechenschwäche werden häufig gleichgesetzt.

Sie beschreiben ausgeprägte Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens. Um eine zielgerichtete Förderung durchführen zu können, bedarf es einer genauen Bestimmung der bereits vorhandenen mathematischen Kompetenzen. » Rechenschwäche

Wichtige Hinweise aus dem Umfeld

Hinweise aus dem Elternhaus, der Kita und der Schule vermitteln uns eine erste Idee davon, dass sich die mathematische Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen von der anderer Kinder oder Jugendlicher unterscheidet.

Diagnostik - Ursachen von Rechenschwäche, Dyskalkulie und LRS finden

Die Begriffe Dyskalkulie, Rechenstörung und Rechenschwäche werden häufig gleichgesetzt.

Sie beschreiben ausgeprägte Schwierigkeiten beim Erlernen des Rechnens. Um eine zielgerichtete Förderung durchführen zu können, bedarf es einer genauen Bestimmung der bereits vorhandenen mathematischen Kompetenzen. » Rechenschwäche

Wichtige Hinweise aus dem Umfeld

Hinweise aus dem Elternhaus, der Kita und der Schule vermitteln uns eine erste Idee davon, dass sich die mathematische Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen von der anderer Kinder oder Jugendlicher unterscheidet.

Die einzige Chance, um eine valide Aussage zu erhalten, ob das Kind oder der Jugendliche einer Rechenschwäche-Förderung bedarf, ist die Durchführung einer Diagnostik.

Mit der von Frau Dr. Silvia Pixner entwickelten Diagnostik analysieren wir in zwei Schritten, worin die mathematischen Schwierigkeiten der Kinder und Jugendlichen bestehen. Zum ersten lassen wir Kinder und Jugendliche einige Aufgaben nach Zeit berechnen, denn nur wer die entsprechenden mathematischen Prozesse verstanden hat, kann diese weitestgehend automatisiert und schnell anwenden. Zum zweiten ermitteln wir die Denkweisen und Lösungsprozesse der Kinder und Jugendlichen, um überprüfen zu können, ob mathematisches Verständnis oder auswendig gelernte Lösungen im Vordergrund stehen. Dabei berücksichtigen wir, dass eine Aufgabe wie 2 + 4 im Sinne eines Faktenabrufs durchaus auswendig gewusst werden kann. Bei der Aufgabe 22 + 54 hingegen hilft zwar auch der Faktenabruf zur Addition der Zehner und Einer, jedoch ist darüber hinaus mathematisches Wissen z.B. zur Addition und der Bündelung der Zehner und Einer notwendig.

  • bis zu welchem Prozessschritt die aufeinander aufbauenden mathematischen Gedanken beim Erlernen des Rechnens verstanden und sinnvoll im Umgang mit Zahlen eingesetzt wurden
  • bei welchem Prozessschritt das Kind die mathematischen Inhalte missverstanden hat, denn dies führt uns zu der Erkenntnis, warum die darauf aufbauenden Inhalte nicht mehr richtig verstanden werden konnten
  • welche eigenen Erklärungen das Kind an Stelle der mathematisch richtigeren Vorgehensweisen nutzt
  • wie eine individuelle Rechenschwäche-Förderung für das Kind auszusehen hat
  • sowohl den Ausgangszustand (Förderdiagnostik) als auch die individuelle mathematische Entwicklung des Kindes (Verlaufsdiagnostik), die aufzeigt, welche Aspekte der Arithmetik mit dem Kind noch zu erarbeiten sind
  • Bereits Säuglinge können unterscheiden, ob eine bestimmte Menge groß oder klein ist, weshalb angenommen wird, dass ein gewisses Mengenverständnis angeboren ist.
  • Im Vorschulalter lässt sich dann schon sehr genau wahrnehmen, ob Mengen erkannt und zugeordnet werden können. Wenn zum Beispiel Würfelaugen immer wieder nachgezählt werden, besteht die Gefahr, dass sowohl das simultane Erfassen der Punktemenge als auch ein Verständnis für die mathematischen Strukturen fehlen.
  • Neben den Schwierigkeiten mit der Bestimmung von Mengen, Teilmengen etc. kann insbesondere auch eine verzögerte Sprachentwicklung dazu beitragen, dass sich Kinder altersuntypisch entwickeln. So können sprachliche Schwierigkeiten u.a. dazu führen, dass die Zahlreihen nur unvollständig widergegeben werden können oder zum Beispiel aufgrund fehlender Begriffe die Bestimmung von „mehr“ oder „weniger“ unmöglich wird.
  • Eine hohe Aufmerksamkeit ist angebracht, wenn Kinder und Jugendliche kaum in der Lage sind, Gegenstände nach bestimmten Merkmalen – alle gelben Kugeln, alle viereckigen Bauklötze etc. – zu sortieren.
  • Gleiches gilt u.a. auch, wenn Kinder und Jugendliche keine Reihenfolgen nach den Größen von Objekten bilden können.
  • Die Störung der sog. 1:1-Zuordnung – jedes Kuscheltier erhält einen Bonbon – zeigt deutlich an, dass dem Kind noch das Verständnis für mathematische Strukturen fehlt.
  • Während die Kinder im vorschulischen Kontext zwar durchaus die Zahlfolge von 1 – 10 erlernen sollen, beginnt der Start des Rechnens in der Schule. Hier wird dann auch zügig sichtbar, wenn die Kinder sich kaum von der Arbeit mit dem Material lösen und hartnäckig beim „zählenden Rechnen“ – mit Fingern oder anhand von Gegenständen im Raum – verbleiben. Aus diesem Grund dauert es häufig sehr lange, bis schließlich das Ergebnis präsentiert werden kann.
  • Für rechenschwache Kinder und Jugendliche sind „offensichtliche“ Fehlentscheidungen – wie zum Beispiel ein völlig unrealistisches Ergebnis für die Aufgabe 48 – 4 = 80 – kein Anlass, sich und seine Rechenstrategien zu reflektieren.
  • Doch auch das immer wiederkehrende Verrechnen um einen Einer ist eine sehr häufige und beliebte Fehlentscheidung.
  • Das Vertauschen von Einern und Zehnern – aus der 34 wird die 43 – hat sowohl mit der sprachlichen Darbietung unserer Zahlen als auch mit dem fehlenden Verständnis für das dekadische System zu tun.
  • Selbst wenn die allseits unbeliebten Sachaufgaben im engeren Sinne keinen Nachweis für eine bestehende Mathematikschwäche bei Kindern und Jugendlichen darstellen, zeigt sich bei den Betroffenen sehr häufig ein vollkommenes Unverständnis für derartige Aufgabenstellungen. Dabei sehen sich Kinder und Jugendliche außerstande, ohne fremde Hilfe eine Lösung zu finden. In dem sich abzeichnenden „Notfall“ wird ohne Berücksichtigung der Aufgabenstellung einfach „plus“ gerechnet, da dies die einfachste Rechenart ist.
  • Betroffene haben größte Schwierigkeiten, die Uhr lesen zu lernen.
  • Auch finden sie häufig keinen Zugang zu Zeitabläufen.
  • Das sehr abstrakte Umrechnen von Maßen und Einheiten wird entweder gar nicht oder nur sehr rudimentär beherrscht.
  • Eine hohe emotionale Belastung verspüren rechenschwache Kinder und Jugendliche beim Umgang mit dem Geld. Zumeist vermeiden sie diesen und gehen nur ungern einkaufen. Ist der Einkauf unvermeidbar, zahlen sie am liebsten mit Scheinen oder den haptisch größten Münzen, da sie davon ausgehen, dass diese einen ausreichend großen Betrag für die Bezahlung darstellen.

Symptome und Auswirkungen einer Mathematikschwäche bei Kindern

Da nicht immer die Möglichkeit einer aussagekräftigen Diagnostik zur Verfügung steht, geben wir an dieser Stelle Eltern, Erziehern, Lehrkräften sowie sonstigen Interessierten einige Hinweise, wie sie zumindest eine erste Idee erhalten können, ob die mathematische Entwicklung durch Fehlstrategien beeinträchtigt wird.

Die nachfolgenden Symptome lassen sich einzeln oder kombiniert sowohl bei rechenschwachen, wie auch nicht rechenschwachen Kindern und Jugendlichen beobachten. Sie sind dem Grunde nach altersunabhängig, wobei die individuelle Entwicklung der Kinder und Jugendlichen dazu führt, dass z.B. bei Jugendlichen die Zahlwortreihen eher bereits gefestigt sind. Treffen einzelne Symptome auf ein Kind oder Jugendlichen zu, ist dies in den meisten Fällen unkritisch. Sollte dagegen eine Vielzahl der aufgeführten Symptome zutreffend sein, ist eine detaillierte Diagnostik und anschließende Rechenschwäche-Förderung anzuraten. Da eine Aufzählung der Symptome nie vollständig sein kann, beschränken wir uns hier auf die Aspekte, die häufig benannt werden.

Wenn Kinder nach der Hälfte der 2. Klasse noch einige der nachfolgend aufgeführten Verhaltensweisen zeigen, sollte eine Überprüfung auf das Vorliegen einer Rechenschwäche vorgenommen werden:

  • Beim Vorwärtszählen werden einzelne Zahlen übersprungen
  • Das korrekte Rückwärtszählen wird ständig unter- bzw. abgebrochen
  • Selbst kleine Mengen – wie die Punkte auf einem Würfel oder die Anzahl der Zielfelder beim „Mensch-ärgere-dich-nicht-Spiel“ – werden nicht simultan erkannt und deshalb immer wieder abgezählt
  • Die Zuordnung einer Zahl zur entsprechenden Menge misslingt, sodass das Kind der Menge von 5 Bonbons nicht die Zahl 5 zuordnen kann
  • Beim Schreiben und Lesen der Zahlen kommt es häufig zu Zahlendrehern, sodass das Kind anstatt 34 die Zahl 43 schreibt oder liest
  • Das Kind hat keinen Zugang zum Stellenwertsystem:
    • Die Zahl 296 wird als 20096 geschrieben
    • 43 + 5 = 93, weil Einer und Zehner nach Belieben addiert werden
    • Ähnlich klingende Zahlen wie 13 und 30 werden oft verwechselt
  • Rechenvorgänge in der Praxis werden offen oder verborgen mit den Fingern vorgenommen
  • Bei Additions- und Subtraktionsaufgaben ist das Ergebnis häufig um 1 zu groß oder zu klein, z.B. 2 + 3 = 4 oder 8 – 3 = 6
  • Es besteht kein Bezug zu Mengen, sodass 50 Chips auch unkompliziert als Menge von mehreren hundert Chips geschätzt wird
  • Die Rechenzeichen + und – werden oft verwechselt
  • Textaufgaben und Platzhalteraufgaben (8 + ? = 12) erscheinen als unlösbar
  • Je größer die Zahlen werden, desto mehr Angst entsteht beim Rechnen
  • Insgesamt nimmt das Rechnen außerordentlich viel Zeit in Anspruch
  • Das Lesen der Uhr sowie der Umgang mit Geld werden so häufig wie möglich vermieden

Auch wenn Lehrkräfte rechenschwache Kinder noch weit über die zweite Klasse hinaus antreffen, ist davon auszugehen, dass insbesondere in den ersten Lebensjahren sowie in den beiden ersten Klassenstufen der Grundstein für ein erfolgreiches mathematisches Verständnis gelegt werden können. Aus diesem Grund beschränken wir uns hier auf Hinweise zu den ersten beiden Klassen.

Grundsätzlich lassen sich die nachfolgend aufgeführten Hinweise auf das Vorliegen einer Rechenschwäche nur durch eine aktive Erarbeitung der mathematischen Grundlagen und keinesfalls durch Abwarten, permanentes Üben bzw. die Nutzung von Zähl- oder Merkhilfen (sog. Eselsbrücken) überwinden.

Ohne ein kardinales Zahlverständnis, einen automatisierten Faktenabruf im Zahlenraum bis 10 sowie ohne Verständnis des dekadischen Stellenwertsystems ist kein Rechnen möglich!

  • Die Zahlwortreihe bis 10 ist noch nicht in der richtigen Reihenfolge verfügbar
  • Das Schreiben von Zahlen bereitet Unbehagen
  • Die Bearbeitung mathematischer Aufgaben dauert wesentlich länger als die Bearbeitung von Aufgaben aus anderen Fächern
  • Das Verständnis für Anzahlunterschiede (mehr als / weniger als) fehlt
  • Basis mathematischer Prozesse ist das dauerhafte Zählen (mit oder ohne Objekte wie den Fingern)
  • Bei Additions- und Subtraktionsaufgaben ist das Ergebnis häufig um 1 zu groß oder zu klein, z.B. 2 + 3 = 4 oder 8 – 3 = 6
  • Plus- und Minusaufgaben bis 10 werden immer wieder vergessen und daher regelmäßig von neuem gerechnet
  • Es können weder mathematische Zusammenhänge noch Analogien hergestellt werden.
    • Nach der Lösung von 3 + 4 = 7 stellt die Aufgabe 3 + 5 = eine vollkommen neue Herausforderung ohne Beziehung zu der vorherigen Aufgabe dar
    • Die Analogie von 3 + 4 und 3 + 14 bleibt unerkannt
    • Auch der Zusammenhang von plus und minus bleibt verborgen, denn nach 3 + 4 = 7 wird bei der Aufgabe 7 – 4 erneut ausgezählt
  • Platzhalteraufgaben wie 4 + __ = 7 führen zu völligem Unverständnis, was zu tun ist
  • Unterschiedliche Aufgaben erzeugen gleiche Ergebnisse, ohne dass diese hinterfragt werden z.B. 3 + 4 = 7 und 3 + 4 = 6
  • Häufig sind die Rechenzeiten – auch bei einfachen Aufgaben – ungewöhnlich lang und die Antworten werden häufig fragend und mit Anzeichen der Unsicherheit gegeben
  • Grundsätzlich können auch in der 2. Klassenstufe die Schwierigkeiten aus der 1. Klasse persistieren
  • Durch den erweiterten Zahlenraum bis 100 / 1000 werden die Bearbeitungszeiten noch länger und die Anzahl der richtigen Lösungen nimmt ab
  • Das Vergessen der Rechenwege nimmt durch die gefühlte Überlastung zu
  • Platzhalteraufgaben wie ___ – 9 = 11 erscheinen unlösbar
  • Text- und Sachaufgaben stellen eine Überforderung dar

Die Hinweise auf das Vorliegen einer Rechenschwäche sind weder als vollständig, noch als ausschließlich zu betrachten. Bei besonders Betroffenen können diese und andere Verhaltensweisen bis ins Erwachsenenalter anhalten. Aus diesem Grund ist stets eine individuelle Diagnostik sinnvoll.

Hinweis: Die durchgehende Nutzung der männlichen Personalformen geschieht aus Gründen der besseren Lesbarkeit und stellt in keinem Fall eine Diskriminierung der anderen Geschlechter dar.